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Auf Augenhöhe mit Talenten
Ade, Patriarch: Das Rollenbild des Chefs hat sich massiv verändert. Unternehmen können erfolgreicher sein, wenn ein aktuelles Führungsverständnis gelebt wird, sagt der Tiroler Berater Albert Eder.
Inwieweit hat sich das Rollenbild des Chefs verändert? Könnte ein patriarchischer Chef heutzutage überhaupt noch erfolgreich ein Unternehmen führen?
Albert Eder: Ja – und sie sind teilweise sogar erfolgreich. Die Frage ist, wie erfolgreich wären sie, wenn sie ein aktuelles Rollenbild beziehungsweise Führungsverständnis eines Chefs leben würden? Und es sei an dieser Stelle auch gewürdigt, dass ein patriarchisches Führungsverständnis in der Vergangenheit wertvolle Dienste geleistet hat. Die Betonung liegt aber auf Vergangenheit. Junge Talente wollen gefordert werden, sich einbringen, Fehler machen dürfen, lernen. Sie fordern Führung auf Augenhöhe und brauchen viel Feedback und genießen Flexibilität. Ich habe sehr großes Vertrauen in die jüngeren Generationen.
Gibt es Zahlen bzw. Studien darüber, welche Probleme patriarchale Führungsstrukturen verursachen?
Eder: Es gibt eine alte Weisheit, die besagt, dass Mitarbeiter interessante Jobs bzw. Aufgaben suchen und annehmen – und wegen schlechten Führungskräften gehen. Es ist nicht nur der patriarchalische Führungsstil. Sondern generell schlechtes Führungsverhalten: die Arroganz, zu glauben, dass der Status Führungskraft legitimiert. Auch unfair oder selbstverliebt zu sein und viele andere Eigenschaften werden nicht mehr akzeptiert und sorgen dafür, dass Mitarbeiter ein Unternehmen verlassen. Und im Speziellen erwarten Mitarbeiter mehr denn je eingebunden zu werden. Sie wollen Transparenz, als Mensch wahrgenommen werden, regelmäßiges professionelles Feedback, ein gewisses Maß an Selbstbestimmtheit, Vertrauen und einen Chef, der für Ordnung, Zugehörigkeit und Achtsamkeit sorgt. Unternehmen brauchen keine Befehlsempfänger, sondern mehr denn je Mitarbeiter, die Entscheidungen selber treffen – und wissen, wie das geht. Die von sich aus aktiv sind, Ideen einbringen, Innovationen umsetzen und nicht blockieren, aktiv auf Kunden zugehen und vieles mehr.
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Auf Ihrer Homepage findet sich der Satz „Es braucht eine neue Arbeitswelt – eine neue DNA für Unternehmen“. Wie meinen Sie das?
Eder: Der Arbeitsmarkt erfährt aktuell den dramatischsten Wandel seit Jahrzehnten, in dessen Folge qualifizierte Mitarbeitende zur absoluten Mangelware werden. Die letzten Jahre der Pandemie haben die Veränderungen im Arbeitsmarkt, die sich schon vorher abgezeichnet haben, beschleunigt. Wir sprechen auch nicht mehr von einem Fachkräftemangel, sondern von einem Mitarbeitermangel. Zusätzlich wurde ein Wertewandel bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschleunigt und neue Erwartungshaltungen sind im Vormarsch. Und genau das verlangt eine neue DNA. Erwartungen zur Entlohnung, Arbeitsumgebung, Unternehmenskultur, Arbeitsplatzsicherheit, Home- Office, mobiles Arbeiten, Sinnorientierung, Karrierechancen, Lernmöglichkeiten, Führung auf Augenhöhe, um nur einige zu nennen.
Was verstehen Sie unter „flachen Hierarchien“ in Unternehmen?
Eder: Hierarchien sind nach wie vor gut. Sie sorgen für Klarheit, Struktur und Ordnung. Pauschal kann der Begriff „flache Hierarchien“ nicht benannt werden. Da spielt die Größe eines Unternehmens eine maßgebliche Rolle. Wir haben Kunden mit 3000 Mitarbeitern. Da gibt es natürlich mehr Hierarchieebenen als bei Kunden mit viel weniger Mitarbeitern. Wichtig ist: so viel Hierarchie wie nötig, aber so wenig wie möglich. Doch viel erfolgsentscheidender ist die Zusammenarbeit in einem Unternehmen. Und die organisieren wir mehr denn je parallel zur Hierarchie. Wir nennen das hybride Strukturen. Netzwerkstrukturen, die sicherstellen, dass Zusammenarbeit gelebt wird und Kollaboration – eine nächste, höhere Stufe von Zusammenarbeit und Kooperation – beginnt.
Was macht aus Ihrer Sicht einen attraktiven Arbeitgeber aus?
Eder: Eine moderne Unternehmenskultur, die von eigenverantwortlichen und flexiblen Arbeitsstrukturen bzw. -umgebungen, agilen Methoden und einer inspirierenden Führung geprägt ist. Daneben ist Vertrauen von elementarer Bedeutung. Und Zugehörigkeit – Mitarbeitende fühlen sich deutlich wohler in einem Unternehmen, wenn sie an innovativen Ideen und der Unternehmensentwicklung aktiv mitwirken können, lernen dürfen, sich entwickeln können und erleben, dass sie einen sinnvollen Beitrag zum Gesamterfolg leisten.
Von Elisabeth Zangerl , erschienen am 02.07.2022 in der Tiroler Tageszeitung
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