Die KI, meine größte Konkurrentin

Mit dem Aufkeimen von immer mehr sprachbezogenen KI-Anwendungen fürchten Menschen, die mit Texten arbeiten, bald überflüssig zu werden. Ist diese Angst berechtigt?

Innsbruck – „ChatGPT, schreib mir einen Artikel darüber, wie Künstliche Intelligenz (KI) den Job von Übersetzern verändert.“ So könnte eine Aufforderung an die KI-Textanwendung ChatGPT klingen, wenn man keine Lust hat, seinen Text selbst zu schreiben. So genannte Large Language Models (LLMs), zu denen namhafte Vertreter wie ChatGPT, Claude oder Gemini gehören, produzieren Texte, übersetzen diese in verschiedenste Sprachen, geben Verbesserungsvorschläge. Braucht es überhaupt noch Fachleute?

Auf jeden Fall, meint Katharina Walter, freiberufliche Übersetzerin und Lehrende für Translationswissenschaft der Uni Innsbruck. „LLMs können lediglich Rohfassungen von Übersetzungen erstellen, die der Mensch noch optimieren muss.“ Auch wenn die Texte auf den ersten Blick gut aussehen, liegen die Fehler im Detail, weiß Walter: „KI-Systeme, die auch Übersetzen als Service anbieten, berücksichtigen keine regionalen oder kulturspezifischen Unterschiede.“ So passiert es schnell, dass das irische Fabelwesen namens Leprechaun zum deutschen Kobold wird, was jedoch nicht dasselbe ist. Das wissen alle, die zum Beispiel den Pumuckl kennen.

Berechnete Texte

Zu erklären ist das zum Teil mit der Funktionsweise von LLMs. „Stark vereinfacht gesagt, wird ein Text auf Basis von Wahrscheinlichkeiten generiert. Das System greift auf eine riesige Menge an Trainingsdaten, sprich, im Internet vorhandene Texte aus vielen verschiedenen Quellen, zu und rechnet sich anhand davon aus, welches Wort auf das vorhergehende am ehesten folgt“, bricht Martin Behrens das komplexe Thema herunter. Der Software-Entwickler gibt Kurse zur Anwendung von LLMs.

Was ihm in der Diskussion zum Thema oft fehlt, ist der Faktor Mensch: „Das Ergebnis kann nur gut sein, wenn derjenige vor dem Bildschirm auch weiß, was er tut.“ Im Fachjargon spricht man vom „Prompting“, der Fähigkeit, den Programmen die richtigen Anweisungen zu geben, um das gewünschte Resultat zu bekommen. Klappt das gut, kommen auch bessere Texte heraus.

Aber: „Was den LLMs fehlt, ist Kreativität und Feingefühl“, betont Behrens. „Sie können sich nichts Neues einfallen lassen und verwenden mitunter auch problematische Begriffe.“ Das ist auch eine Herausforderung in der Übersetzung: Selten verwendete Vokabeln werden oft falsch übersetzt.


KI-Anwendungen wie ChatGPT bieten immer mehr Textarbeiten an, für die es lange Zeit Menschen gebraucht hat.

Nicht ungefährlich

Walter sieht deshalb erhebliche Risiken: „Maschinell generierte Übersetzungen sind zu maximal 80 Prozent korrekt. Was das für Packungsbeilagen von Medikamenten bedeuten würde, kann man sich denken.“ Auch habe es bereits Fälle gegeben, in denen die Verwendung von KI-Tools als Ersatz für professionelles Dolmetschen zu gesundheitlichen Schäden geführt hat. Weniger dramatisch, aber rufschädigend für den Autor und unbefriedigend für sein Lesepublikum seien mangelhafte literarische Übersetzungen: „Wenn man ein Buch maschinell übersetzen lässt, treten Fehler auf und oft verliert der Text seinen Reiz.“ Ähnlich schätzt Behrens die Zukunft ein: „Menschen, die ihren Job schlecht machen, könnten durch Künstliche Intelligenz ersetzt werden. Wer aber seine Sache gut macht, hat den Programmen etwas voraus.“ Für eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine spricht sich auch Walter aus.

Sie und ihre Kollegen haben die „Flucht nach vorn“ gewählt und sich mit der Technik auseinandergesetzt, die durchaus viel Positives mit sich bringt: „Da man mithilfe der KI schneller arbeitet, können sich auch kleinere Unternehmen professionelle Übersetzungen leisten.“ Und eines müsse man den maschinellen Übersetzungssystemen lassen: Müde werden sie nicht.

Das Wichtigste aus dem Artikel: 

Funktion von Large Language Models (LLMs): LLMs wie ChatGPT können Texte generieren und übersetzen, jedoch nur als Rohfassungen, die menschliche Überarbeitung benötigen.

Fehleranfälligkeit: KI-Übersetzungen berücksichtigen oft keine regionalen oder kulturspezifischen Unterschiede und können fehlerhaft sein. 

Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine: Trotz der Risiken sehen ExpertInnen Potenzial in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. KI kann die Arbeit beschleunigen und auch kleineren Unternehmen professionelle Übersetzungen ermöglichen.

Von Nina Schrott, erschienen am 02.11.2024 in der Tiroler Tageszeitung

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