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Job als Spiegel: Ich arbeite, also bin ich?
Arbeit prägt nicht nur unseren Alltag. Sie formt, wie wir uns selbst sehen, und oft auch, wie andere uns wahrnehmen. Wenn der Job plötzlich wegfällt, kann die innere Ordnung schnell ins Wanken geraten.

Innsbruck – Die Frage, was wir tun, ist oft gleichbedeutend mit der Frage, wer wir sind. Sei es in Bewerbungsgesprächen oder im Freundeskreis: Arbeit steht häufig im Zentrum unserer Selbstbeschreibung. Doch was bedeutet das für das eigene Wohlbefinden? Psychologe Lucas Maunz von der Universität Innsbruck erklärt, wie eng Arbeit und Identität miteinander verknüpft sind.
„Arbeit hat für viele Menschen eine identitätsstiftende Funktion“, erklärt Maunz. „Nicht nur, weil sie einen Großteil unserer Lebenszeit ausmacht, sondern weil sie psychologische Grundbedürfnisse – nach Verbundenheit, Autonomie und Kompetenz – erfüllen kann.“ Wenn der Arbeitsplatz nicht nur Ort des Geldverdienens ist, sondern auch Raum für Entwicklung, Zugehörigkeit und Gestaltung bietet, könne er das Selbst stärken.
Neues Denken über Arbeit
„Die Forschung zeigt: Über alle Altersgruppen hinweg wünschen sich Menschen sinnvolle Arbeit “, so der Psychologe. Allerdings habe die Corona-Pandemie viele zum Umdenken gebracht. Damit sei das Bedürfnis nach mehr Autonomie und Work-Life-Balance gewachsen so wie der Wunsch nach Jobs, die zu den eigenen Werten passen. Auch der gesellschaftliche Diskurs hat sich verändert. Psychische Gesundheit wird nicht mehr nur als Privatsache gesehen, sondern als öffentliches Thema. „Seit den 1990er-Jahren gibt es einen Welttag für psychische Gesundheit – 2024 stand er im Zeichen der Arbeit. Dazu kommen Initiativen wie die Sustainable Development Goals, die menschenwürdige Arbeitsbedingungen fordern.“ Maunz sieht darin ein wachsendes Bewusstsein – sowohl vonseiten der Institutionen als auch der Beschäftigten selbst.
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Neue Technologien stellen diese Ansprüche jedoch auf die Probe. „Der zunehmende Einsatz von KI birgt Chancen und Risiken“, sagt Maunz. Wird Künstliche Intelligenz als Unterstützung wahrgenommen, wie bei der Erledigung repetitiver Aufgaben, könne das entlastend wirken. „Aber wenn sie die sinnstiftenden, kreativen Tätigkeiten ersetzt, ist das problematisch.“
Beruf und Psyche
Burnout-Zahlen belegen, wie eng Arbeit mit psychischer Gesundheit verknüpft ist. Eine Studie des Sozialministeriums aus dem Jahr 2017 ergab, dass 44 % der Befragten Anzeichen eines problematischen Burnout-Zustands zeigten. Die Folgen reichen von psychischem Leiden bis zu körperlichen Erkrankungen. Problematisch werde es aber auch, wenn Arbeit plötzlich wegfällt – zum Beispiel durch Kündigung oder Pension. „Das kann eine Identitätskrise auslösen“, so der Universitätsassistent. Unsere Arbeit strukturiere den Alltag, schaffe Ziele, Kontakte und Erfolgserlebnisse. Fehle das, treffe es viele stärker als erwartet - vor allem dann, wenn sich das ganze Leben um den Job dreht.

Die Lösung liegt laut Maunz nicht in einer pauschalen Abkehr vom Beruf, sondern im Aufbau vielfältiger Rollen. Wer sich nicht nur über den Beruf definiert, sondern auch in Familie, Freizeit oder Ehrenamt Identität findet, ist psychisch stabiler. Besonders hilfreich sei es, in der Freizeit Kompetenzerlebnisse zu schaffen: durch das Erlernen neuer Fähigkeiten oder durch Herausforderungen im Hobby. Und wenn man mit dem Job unzufrieden ist? „Manchmal reicht ein Gespräch mit der Führungskraft oder ein Wechsel im Betrieb. Wenn das nicht hilft, kann ein beruflicher Neuanfang sinnvoll sein – gerade der Gesundheit zuliebe“, sagt Maunz.
Von Natalie Hagleitner, erschienen am 21.06.2025 in der Tiroler Tageszeitung
Das Wichtigste aus dem Artikel:
Arbeit und Identität: Arbeit spielt eine zentrale Rolle in der Selbstbeschreibung und erfüllt psychologische Grundbedürfnisse wie Verbundenheit, Autonomie und Kompetenz.
Wandel durch Corona: Die Pandemie hat das Bedürfnis nach sinnvoller Arbeit und einer besseren Work-Life-Balance verstärkt, während psychische Gesundheit zunehmend als gesellschaftliches Thema wahrgenommen wird.
Vielfältige Rollen für Stabilität: Eine Definition über verschiedene Lebensbereiche (Familie, Freizeit, Ehrenamt) fördert die psychische Stabilität und hilft, Identitätskrisen bei Jobverlust zu vermeiden.
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