Jobportrait: Doula – Begleitung auf dem Weg ins Leben

Sie unterstützt, bestärkt, hilft: Johanna Barton begleitet als Doula Frauen vor, während und nach der Geburt eines Kindes.

Innsbruck – Es gab sie schon immer, in jeder Kultur: die weise, erfahrene Frau, die anderen Frauen bei der Geburt des Kindes zur Seite steht. Was früher Mütter, Großmütter oder die Dorfältesten unentgeltlich gemacht haben, hat sich in den vergangenen 15 Jahren zu einem gefragten Beruf entwickelt: Die Doula. Johanna Barton aus Innsbruck, selbst zweifache Mutter, ist seit zweieinhalb Jahren als eine von wenigen Doulas in Tirol tätig. „Ich begleite Frauen vor, während und nach der Geburt, vor allem auf emotionaler Ebene“, erklärt Barton ihr Berufsfeld.

Gerade ist sie bei einer Zirler Familie auf Hausbesuch, drei Wochen nach der Geburt des dritten Kindes. Sie bringt nährendes Essen mit, packt wie eine Freundin auch im Haushalt mit an und schenkt der frischgebackenen Dreifachmama vor allem ein offenes Ohr. Die Geburt wird noch einmal besprochen, ebenso die neuen Herausforderungen im Alltag. Barton arbeitet gerne mit so genannten Rebozo aus Mexiko. Das sind Tücher, die für entspannende Körperanwendung genutzt werden und auch beim Wochenbett-Ritual „La Cerrada“ zum Einsatz kommen.

Die Berufsbezeichnung Doula stammt vom altgriechischen Begriff „doleia“ ab und bedeutet „Dienerin“. Anders als eine Hebamme oder eine Gynäkologin, nimmt die Doula keine medizinischen Eingriffe vor. Barton sieht die Doula als Fürsprecherin der Gebärenden, eine Begleiterin, die der Frau zu einem selbstbestimmten Geburtserlebnis verhelfen kann – sowohl bei einer Hausgeburt als auch im Krankenhaus. „Ich unterstütze und bestärke und kann helfen, die Vorgänge einzuordnen“, sagt Barton. Im Gegensatz zu einer Hebamme im Krankenhaus, die im Schichtdienst oft mehrere Gebärende betreut und dann abgelöst wird, bleibt eine Doula während der gesamten Geburt bei der Frau.

Im Zuge der Pandemie, wo in den meisten Tiroler Kreißsälen nur eine Begleitperson zugelassen war, habe sich auch die Tätigkeit der Doula gewandelt. „Ich arbeite im Vorfeld der Geburt viel mehr mit den Papas“, berichtet Johanna Barton. Kennt der Mann unterstützende Handgriffe oder beruhigende Affirmationen und weiß, was sich die Partnerin wünscht, könne er diese besser unterstützen, anstatt sich hilflos zu fühlen. „Die Väter bekommen während der Schwangerschaft beinahe einen Crashkurs als Doula von mir“, lacht sie.

Eine Garantie für eine gute und komplikationslose Geburt gebe es aber auch mit Doula-Begleitung nicht, räumt Barton ein. Doch zahlreiche klinische Studien belegen, dass die Kaiserschnittrate um ein Viertel geringer ist, weniger Schmerzmittel gebraucht werden und weniger Interventionen notwendig werden, wenn eine Doula vor Ort mit dabei ist. Sie sei auch keine Konkurrentin der Hebamme, stellt sie klar – auch wenn ihr Beruf einst skeptisch beäugt wurde. „Die Frau steht bei der Geburt im Mittelpunkt“, sagt Johanna Barton, „und wir arbeiten professionell im Team zusammen.“

Berufsportrait


Voraussetzungen: Selbst ein Kind geboren zu haben, gilt für viele Ausbildungen als Grundlage, weiters Empathiefähigkeit, Motivationsfähigkeit, Durchhaltevermögen, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit.
Ausbildung: Berufsbegleitend über sechs Monate, u. a. am Doulazentrum Tirol, über die physiologischen und emotionalen Vorgänge in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

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Von Beate Troger, erschienen am 04.06.2022 in der Tiroler Tageszeitung

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