Jobportrait: Kunsthistorikerin – Kunst aus vielen Blickwinkeln sehen

Kunsthistorikerinnen wie Lisa Krabichler verfügen über die Kompetenz, Kunst und Architektur zu verstehen, einzuordnen und zu beschreiben.

Kunsthistorikerinnen wie Lisa Krabichler verfügen über die Kompetenz, Kunst und Architektur zu verstehen, einzuordnen und zu beschreiben.

Innsbruck – Als Kunsthistoriker kann man in mehreren Bereichen Fuß fassen. Pauschal gesagt überall da, wo kunstgeschichtliches Fachwissen benötigt wird, etwa im Ausstellungswesen, beispielsweise als Kuratorin oder Kurator, in Museen, im Kunsthandel, im Kulturjournalismus oder im Bereich der Forschung. Letzterem verschreibt sich die in St. Anton am Arlberg wohnhafte Kunsthistorikerin Lisa Krabichler – sie arbeitet seit 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck an einem vom FWF geförderten Grundlagenforschungsprojekt. Dieses läuft insgesamt vier Jahre und widmet sich dem Thema „Integrierte Selbstporträts in der Malerei des 15. Jahrhunderts“.

Werke mit diesem Sujet werden erstmals erfasst, analysiert und in eine Datenbank aufgenommen. Nachgefragt, wie ein Arbeitstag bei ihr ausschaut, erklärt sie: „Das ist unterschiedlich – je nachdem, wo gerade der Fokus liegt. Arbeite ich am Projekt, besteht mein Tag zum großen Teil aus Recherche, Lesen und Exzerpieren von wesentlichen Inhalten, auch aus Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen zu aktuellen Fragestellungen, Selektion und Neustrukturierung von Inhalten, insbesondere Zusammenstellung von Texten mit neuen Erkenntnissen. Ebenso zählen Bildbetrachtungen und -analysen zum Tätigkeitsfeld, wie auch die interne Organisation von Abläufen.“

Ist Lisa Krabichler jedoch in zeitgenössischen Belangen „freischaffend“ unterwegs, sind Kommunikation, Vernetzung, aber auch Kunstbetrachtungen ein Hauptteil ihrer Tätigkeit. Arbeitet man als Kunsthistoriker projektbezogen, ist der Zeitrahmen begrenzt. Lisa Krabichler erklärt: „Es gibt in dem Projektbereich natürlich nicht immer wieder automatisch neue Projekte, leider.“ Ein Kriterium, das erfüllt werden muss, damit aus einer Idee ein kunstgeschichtliches Projekt wird: Es muss neue Erkenntnisse bieten. „Kommt man nach gründlicher Überprüfung zu dem Schluss, dass ein mögliches Forschungsfeld ausreichend Potenzial hat, so besteht die Möglichkeit, daraus ein Forschungsprojekt zu erarbeiten“, erklärt sie.

Natürlich muss dieses dann eingereicht und durch Gremien begutachtet werden – abschließend wird es nach wissenschaftlicher Relevanz, Durchführbarkeit, inhaltlicher Geschlossenheit, Prägnanz und vielen anderen Dingen bewertet. Lisa Krabichler liebe ihren Beruf, sagt sie – besonders das autarke Arbeiten und die freie Zeiteinteilung hebt sie ebenso wie die Tatsache, sich mit so etwas Schönem wie Kunst beschäftigen zu können, als wesentliche Vorteile hervor. Oftmals wird auch im Team gearbeitet. „Wissenschaft ist eine Sache des Denkens und Kombinierens, aber auch des Austausches. Eine Vielzahl von Blickwinkeln erweitert und hilft immens“, erklärt sie.

Krabichler ist zudem Galeristin der Galerie Art-Box in St. Anton am Arlberg, die sie gemeinsam mit ihrem Partner Peppi Spiss betreibt. Sie ist ebenso aktive Künstlerin und Vorstandsmitglied im Verein Arlberger Kulturtage. „Ich habe mein Leben schon lange der Kunst unterstellt“, erzählt sie – zuerst als freischaffende Künstlerin im Praktischen und dann im Theoretischen. „Der Wunsch, den Dingen auf den Grund zu gehen, Wissen zu mehren und zu lernen, begleitet mich schon mein Leben lang.“ Auch wenn sie selbst gesteht, immer eine „Streberin“ gewesen zu sein, hat sie Kunstgeschichte erst verhältnismäßig spät studiert – ihr Studium schloss sie mit einem Master ab, dabei soll es aber nicht bleiben: Aktuell absolviert sie ein Doktoratsstudium der Philosophie.

Berufsportrait


Voraussetzungen: Interesse an Kunst und Kunstgeschichte, Unvoreingenommenheit, Offenheit in der Meinungsbildung, Mut zum Scheitern, Selbstvertrauen, Kommunikationsfähigkeit, Fähigkeit zu vernetztem Denken.
Ausbildung: Im wissenschaftlichen Kontext ist das Studium unerlässlich, zudem von Vorteil sind Beteiligung am wissenschaftlichen Diskurs (Publikationen in einschlägigen Medien, Vorträge auf Tagungen …), Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten, Forschungsaufenthalte im Ausland. Eine möglichst breite Basis ist ebenso wichtig wie Spezialisierungen auf einzelne Wissensgebiete. In außeruniversitären Bereichen im Kunst- und Kulturbetrieb ist ein Arbeiten ohne Studium sehr wohl möglich, viele KunstgeschichtestudentInnen fangen mit Praktika, etwa in Museen oder namhaften Galerien, an und arbeiten sich von Stelle zu Stelle, QuereinsteigerInnen haben zumeist adäquate Ausbildungen in verwandten Wissensgebieten.

Von Elisabeth Zangerl, erschienen am 20.08.2022 in der Tiroler Tageszeitung

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