Privat und beruflich glücklich im Ausland

Die Tirolerin Natalie Salzmann ist Bäckerin und Geschäftsfrau in Panama City. Das Porträt einer Frau, die Heimat und Berufung durch Zufall fand, für ihren Erfolg aber hart arbeitet.

Panama City – Es gab eine Zeit, da wusste Natalie Salzmann nicht, wo sie sich in ihrem Wohnzimmer hätte hinsetzen sollen. Bis zu 200 Brote türmten sich auf Stühlen und Tischen. Einmal die Woche stand die gebürtige Tirolerin in ihrer Küche und buk zwölf Stunden lang. „Morgens lud ich meine Brote in einem Onlinestore hoch. Innerhalb von zehn Minuten war alles ausverkauft“, erzählt sie. Heute führt Salzmann eine Bäckerei mit Bistro und 20 Angestellten in Panamas Hauptstadt.

Salzmann wuchs in Niederthai auf, verbrachte ihre Jugend in Pfunds und Innsbruck, wo sie in die HTL ging. Dass sie in Panama landete, verdankt sie mehreren Zufällen. Ein Geschäftspartner ihres Vaters bot der jungen Frau an, ein Jahr bei ihm in Puerto Rico zu arbeiten. Zwei Wochen vor dem Abflug kam der Anruf: Es ging stattdessen nach Panama.

Sprachbarriere überwinden

„In Panama City war alles so groß und wow“, erzählt die Tirolerin lachend. „Und chaotisch.“ In der Metropole mit über einer Million Einwohner seien damals noch Löcher in den Straßen gewesen. Inzwischen hat Panama einen Aufschwung erlebt. Das Steuerparadies zieht internationale Investoren und digitale Nomaden an. „Hier gibt es keine Einkommensteuer auf weltweite Einkünfte und die Mehrwertsteuer beträgt nur sieben Prozent“, erklärt Salzmann, die anfangs kein Wort Spanisch sprach. Die Leuteseien trotzdem so offen und warm gewesen. In einen davon verliebte sie sich.

Als das vereinbarte Jahr um war, konnte sie ein halbes Jahr dranhängen, doch dann kam die Kündigung. Also suchte Salzmann einen neuen Job. „Es war schwierig. Spanisch sprach ich noch immer nur im Präsens, multinationale Firmen gab es damals kaum“, erinnert sie sich. Schlussendlich fand sie eine Stelle als Verkäuferin bei Mango. „Keine lässige Erfahrung: Die Arbeitszeiten im Verkauf sind ein Wahnsinn in Panama. Weihnachten bin ich bis 22 Uhr im Shop gestanden.“ Parallel dazu machte sie einen Spanischkurs. Bald fand sie eine Stelle als Einkäuferin für einen Skate-Surf-Shop, wo sie auf viele Fashionshows ging und neue Kontakte knüpfte. Schließlich landete sie bei Ralf Lauren und zuletzt bei Adidas.

Start mit Brotback-Kurs

Salzmann hatte in der Zwischenzeit geheiratet und ihre erste Tochter bekommen. Die Kleine war oft krank. Schließlich empfahl ein Arzt, auf Gluten zu verzichten. Von ihrer Schwester bekam sie einen Brotbackkurs geschenkt, sodass sie ihrer Tochter glutenfreies Brot backen konnte. Ihr erstes Sauerteigbrot kam in der Familie gut an. Auch bei Adidas. Immer mehr Kollegen wollten probieren. „Es hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer“ ,sagt Salzmann, die bald regelmäßig mit 40 bis 50 Brotlaiben zur Arbeit ging. „Ich war fertig. Gerade hatte ich meine zweite Tochter bekommen und verbrachte die Nächte mehr oder weniger mit Stillen und Backen.“ Neben ihrer Lohnarbeit. In Panama müssen Mütter schon nach eineinhalb Monaten zurück in die Arbeit. Um die Kinder kümmern sich Nannies. „Mein Mann sagte irgendwann: Kündige und mach eine Bäckerei auf“, erzählt sie.

Als noch ein Monat bis zur Eröffnung ihres Lokals fehlte, zwei Angestellte eingeschult und jede Menge Mehl eingekauft war, kam die Pandemie. Also hat die Neo-Geschäftsfrau bis zum Ende des ersten Lockdowns von zu Hause aus gebacken und online verkauft. Heute besteht Salzmanns Geschäft, das Krume, aus Bäckerei und Bistro. „Wir verwenden nur beste, lokale Zutaten – bis auf das Mehl, welches aus Österreich stammt – und stellen fast alles selber her“, erzählt sie. Inzwischen hat sich auch international herumgesprochen, dass es in Panama City eine österreichische Sauerteig-Bäckerei gibt. Junge Bäcker aus verschiedenen Ländern kommen im Krume vorbei, um sich das anzuschauen. „Das Wissen um den Sauerteig ist großteils verloren gegangen“, so die Bäckerin. Kleinbäckereien allerorts müssen Konzernen und Backmischungen weichen, aber einige versuchen eine Rückkehr zu den Wurzeln. „Sauerteig ist nicht nur für Allergiker geeignet, er hat auch den Vorteil, dass er fermentieren muss und so den Bäckern keine Nachtschichten abverlangt“, erklärt sie. Das helfe bei der Angestelltensuche.

Blick von außen wichtig

In Kürze wird die Zweifachmama einen zusätzlichen Krume-Standort eröffnen. Sie ist privat wie beruflich in der Wahlheimat angekommen. Es sei nicht immer leicht gewesen. Die oft ungewohnte Herangehensweise könne für Auswanderer schnell zum Hindernis werden. „Man darf nicht alles mit daheim vergleichen und kritisieren. Nur wer sich an die neue Kultur anpassen kann, wird erfolgreich sein“, rät sie. Mit dem Blick von außen könne man aber auch zu Verbesserungen beitragen. „Ich habe mit dem Sauerteig ein Stück meiner Wurzeln nach Panama verpflanzt“, sagt die Tirolerin.

Von Natascha Mair, erschienen am 08.06.2024 in der Tiroler Tageszeitung

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