Umsatteln braucht Lernbereitschaft

Ein Job ein Leben lang: Das gibt es immer seltener. Das Wechseln in ein fremdes Berufsfeld erfordert einen langen Atem.

Innsbruck, Wörgl – In einigen Branchen werden händeringend Arbeitskräfte gesucht. Aus diesem Grund haben auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger ohne entsprechende Ausbildung eine Chance in diesen Berufen. Allerdings muss man dabei bedenken, dass Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger entweder ein abgeschlossenes Studium oder eine mehrjährige Berufserfahrung in einem anderen, ebenfalls relevanten Berufsfeld vorweisen müssen.

Des Weiteren gibt es reglementierte Berufe, die eine entsprechende Ausbildung voraussetzen und in denen kein Quereinstiegmöglich ist. Dazu gehörender Beruf des Steuerberaters bzw. der Steuerberaterin, der Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten, der Apothekerin bzw. des Apothekers, des Rechtsanwalts bzw. der Rechtsanwältin und noch einige mehr.

Neue Umstiegsmöglichkeiten

AK-Bildungsexperte Ernst Haunholter warnt vor zu viel Euphorie beim Branchenwechsel: „Ich empfehle unbedingt, die fehlende Ausbildung berufsbegleitend nachzuholen. Sonst ist man in der neuen Branche immer nur eine Art Hilfsarbeiter. Man muss langfristig denken.“ Aufstiegsmöglichkeiten und Gehaltssteigerungen seien mit einer Ausbildung eher möglich. Aktuell gibt es vor allem für Lehrtätigkeit und Pflege neue Umstiegsmöglichkeiten. Anton Bartinger ist Quereinsteiger im BRG Wörgl und unterrichtet dort seit Herbst die Fächer Mathematik und Physik. Davor war er viele Jahre bei verschiedenen Unternehmen in Führungspositionen tätig. Der Umstiegsprozess ist ein längerer: „Parallel zur Einarbeitung meines Nachfolgers beim vorherigen Arbeitgeber durfte ich das auslaufende Schuljahr für die aktive Teilnahme an Unterrichtsstunden nutzen. In den beiden letzten Ferienwochen fand ein umfangreicher Intensivkurs statt. Seit dem Schulstart ist ein erfahrener Lehrer als Mentor an meiner Seite.“

Dass bei ihm aus der Lust am Umsatteln bald Frust wird, glaubt er nicht: „Ich möchte im letzten Jahrzehnt meines Berufslebens eine besonders sinnstiftende Aufgabe haben. Mir bereitet es große Freude, jungen Menschen Erfahrungen auf den Weg mitzugeben“, erklärt Bartinger. Personal-Experte Christian Bauer, Geschäftsführer von Connect Competence, weist darauf hin, dass der Quereinstieg große Bemühungen sowohl von Arbeitgeberseite als auch von Arbeitnehmerseite notwendig mache. „Für einen erfolgreichen Quereinstieg braucht es einen strukturierten und durchdachten Einlern-Prozess mit definierten Meilensteinen, einer realistischen Zeitschiene, mit fixen Ansprechpersonen und einem aktiv unterstützenden Team.“ Motivation allein reicht beim Wechselwilligen nicht, entscheidend für die Zukunft seien die Einsatz- und Lernbereitschaft, der Wille, sich Schritt für Schritt der neuen Aufgabe zu nähern, und realistische Erwartungen beim Arbeitgeber und den KollegInnen.

Das Wichtigste aus dem Artikel:

Chancen für Quereinsteiger: Bieten sich in Branchen, wo es einen Mangel an Arbeitskräften gibt. Allerdings ist in vielen Branchen entweder ein abgeschlossenes Studium oder mehrjährige Berufserfahrung in einem ähnlichen Bereich erforderlich.

Berufsbegleitende Ausbildung: AK-Bildungsexperte Ernst Haunholter warnt davor, die fehlende Ausbildung zu vernachlässigen, da dies langfristig nur zu einer Hilfsarbeiterposition führen könnte. Quereinsteiger sollten berufsbegleitend eine Ausbildung absolvieren, um Aufstiegsmöglichkeiten und Gehaltssteigerungen zu ermöglichen.

Von Denise Neher, erschienen am 30.03.2024 in der Tiroler Tageszeitung

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